Süd-England 1993
 

Pünktlich um 16.30 Uhr legt die Hamburg vom Edgar-Engelhard-Kai im Hamburger Hafen ab. Vom Schiff hat man einen schönen Blick auf den Hafen und die Köhlbrandbrücke. An der Elbe stehen viele Villen in herrlicher Lage. Auf der Höhe von Helgoland (Leuchtturm) erlebten wir den Sonnenuntergang auf der Nordsee.

England empfing uns mit englischem Wetter, es hat den ganzen Tag geregnet. Wir fuhren über Clacton-on-Sea, Colchester und Faversham bis nach Canterbury, wo wir eine Bed & Breakfast Unterkunft fanden. Bei einem kurzen Spaziergang in die Stadt und zur Cathedral wurden wir ordentlich naß.

Unser zweiter Erkundungsgang in Canterbury fand bei trockenem Wetter statt. Durch die Westgate Gardens, vorbei am Lord Mayor's Parlour erreichten wir die Guildhall und das West Gate, das als schönstes mittelalterliches Stadttor Englands bezeichnet wird (1381). Die Guildhall wurde im 15. Jahrhundert als Holy Cross Church erbaut. In einer Nebenstraße der St. Peter's Street entdeckten wir den All Saints Court. Die Weavers, eine Reihe von Fachwerkhäusern im Tudorstil, wurden im 16. Jh von Hugenottenflüchtlingen aus Frankreich bewohnt, die das Weberhandwerk hier einführten. Das Eastbridge Hospital, eine ehemalige Pilgerherberge aus dem 12. Jh, hat eine noch erhaltene normannische Krypta aus dieser Zeit. Vorbei am Royal Museum gelangt man durch das Christ Church Gate (1517), das zu den schönsten Tudorbauten seiner Zeit zählt, zur Cathedral. Die Mutterkirche der anglikanischen Kirche brannte seit ihrer Gründung durch den hl. Augustinus (597) dreimal ab und wurde immer wieder neu aufgebaut. Ihre heutige Form erhielt sie im 15. Jh, Krypta und Chor stammen noch aus dem 12. Jh. Zu den größten Schätzen der Kathedrale zählen die von französischen Künstlern im 12. und 13. Jh angefertigten Glasfenster. Die Kathedrale ist 175m lang, 27m breit und 27m hoch. 78m hoch ist der prachtvolle Mittelturm "Bell Harry" aus dem 15. Jh. Hinter der Kathedrale liegt die King's School, die von König Henry VIII in den früheren Klostergebäuden gegründet wurde. Beachtenswert ist vor allem die normannische Treppe "Norman Staircase" aus dem Jahre 1151, die zur Hall, ehemals ein Schlafsaal für arme Pilger, führt. Nachdem wir uns die alte Marktstadt Faversham angesehen hatten, fuhren wir immer an der Küste entlang bis nach Ramsgate, wo wir unser Zelt aufschlugen.

In der Nacht fing es wieder an zu regnen, so daß wir unser Zelt naß verpacken mußten. In Sandwich, einem kleinen Ort, der malerisch am River Stour liegt, spazierten wir durch die engen Gassen mit den alten Fachwerkbauten. Besonders sehenswert sind das Fisher Gate (1384), die St Clement's, St Peter's und St Mary's Church. Auf der Weiterfahrt nach Dover wurde das Wetter immer schlechter, so daß wir in einem Travel Inn Motel Quartier bezogen.

Unser erstes Ziel waren die Langdon Cliffs oberhalb von Dover. Von hier hat man einen herrlichen Blick auf den Hafen, den größten Passagierhafen Europas, die Stadt, die Klippen und die Castle. Die Normannenburg Dover Castle liegt auf einem 120m hohen Felsen. Durch das Colton's Gate betreten wir die Burganlage. Hier befindet sich der achteckige Leuchtturm, der den Schiffen der Römer den Weg zum  Hafen wies und die Kirche St Mary in the Castle, die älteste christliche Kirche innerhalb einer Burg. Der Burgfried (Keep) wurde von Henry II 1187 erbaut und bildet noch heute das Herz der Anlage. Von Dover fuhren wir über Hythe bis Rye, einem der malerischten Orte Südenglands. In den altertümlichen, engen und gewundenen Gäßchen der Stadt gibt es noch viele Häuser, sowie auch das Stadttor Landgate, aus der Zeit des Mittelalters. In Hastings schlugen wir dann unser Zelt für die Nacht auf.

Im Jahre 1066 begann hier in der Nähe mit der Schlacht bei Hastings die normannische Invasion Englands. Die Ruine der gleich danach erbauten Burg von William the Conqueror steht auf einer schroffen Klippe, dem West Hill. Neben der Castle bietet der West Hill auch einen schönen Blick auf Hastings. Durch die Innenstadt gingen wir zu den Fischerbooten an den Strand. Unser nächstes Ziel, die Bodiam Castle wurde 1385-89 ins Wasser gesetzt. Ihre Aufgabe als Bastion gegen die Franzosen mußte sie nie erfüllen, was sie jedoch nicht weniger beeindruckend macht. Die Battle Abbey steht an der Stelle, wo am 14. Oktober 1066 die berühmte Schlacht von Hastings stattfand. Von den 190m hohen Klippen von Beachy Head hat man einen schönen Blick auf Eastbourne und den der Küste vorgelagerten Leuchtturm. Da es heute den ganzen Tag kühl und stürmisch war, haben wir uns einen Bungalow gemietet.

Nachdem wir über die Meerespromenade, die parallel zum 4km langen Badestrand verläuft, spazierten, sahen wir uns in Eastbourne ein wenig um. In der Nähe von Seaford unternahmen wir eine Wanderung zu den Seven Sister Cliffs. Durch das touristisch völlig überlaufene Brighton fuhren wir nur durch und fanden in Littlehampton einen schönen Campingplatz.

Arundel empfängt den Besucher mit einem eindrucksvollen Blick auf Burg und Kirche, denen die Stadt mit ihren schönen Fachwerkhäusern zu Füßen liegt. Arundel Castle, das sich in herrlichen Parkanlagen am River Arun befindet, wurde gegen Ende des 11. Jh von dem Earl of Arundel erbaut. Von Arundel fuhren wir nach Portsmouth und mit der Fähre nach Fishbourne auf der Isle of Wight. In Sandown schlugen wir unser Zelt im Adgestone Camping Park, einer sehr schönen Anlage, auf.

Vierzig Kilometer von Ost nach West, zwanzig von Nord nach Süd reicht das Mini-England Isle Of Wight mit seinen hügeligen Feldern und eingestreuten Wäldchen. Von Sandown fuhren wir zunächst nach Bembridge, wo wir die Windmühle aus dem Jahre 1700 besichtigten. Danach stand Shanklin Old Village, ein ehemaliger Fischerweiler, mit reetgedeckten Cottages und hübschen Gärten auf dem Programm. Godshill ist ein kleines Dorf im Innern der Insel mit schönen alten Bauernhöfen, leider ein wenig touristisch vermarktet. Zurück an der Küste genossen wir den Ausblick von St Catherine's Point. In der Alum Bay findet man die Needles, drei Kreidefelsen, die spitz aus dem Wasser ragen und zu einem Wahrzeichen der Insel geworden sind. Sie sind das Pendant zu den "Old Harry Rocks" auf Purbeck, Reste einer lange weggewaschenen Festlandverbindung nach Dorset.

In Newport, der Hauptstadt der Insel, sahen wir uns die Carisbrooke Castle an. Die Burg wurde von den Normannen über den Resten eines römischen Forts erbaut. Im Zentrum von Yarmouth sahen wir uns die St James Church und das Old House an, ehe es mit der Fähre wieder zum Festland, nach Lymington ging. Mitten im New Forest mit seinen wildlebenden Ponies fanden wir einen Platz auf dem sehr schön angelegten Hollands Wood Campground.

Der New Forest ist ein etwa 38000 ha großes Gebiet aus Wäldern und Heideland. Er ist damit Südenglands größtes zusammenhängendes Waldgebiet und blieb nur dadurch vom Kahlschlag verschont, weil er ein königliches Jagdrevier ist. Wir fuhren zunächst nach Beaulieu, wo wir neben den alten Häusern auch die freilebenden Ponies und Esel bestaunten. In den Exbury Gardens, einem riesigen und wunderschön angelegten Park, war neben der Rhododendronblüte besonders der Rose Garden interessant.

Wir fuhren zunächst nach Keyhaven, einem kleinen Hafen am Solent, der Wasserstraße zwischen Festland und Isle of Wight. Von dort brachte uns eine kleine Fähre zum Hurst Castle, einer alten Festung. Von der Burg hat man einen schönen Blick auf die Isle of Wight, besonders auf die Needles. Von Keyhaven ging es durch den New Forest bis nach Salisbury. Das überragende Wahrzeichen der Stadt ist die St Mary's Cathedral. Der Bau der gotischen Kathedrale dauerte nur 38 Jahre (1220-1258), sie ist daher die einzige englische Kathedrale in einheitlichem Stil. Im Inneren befindet sich eine Uhr aus dem Jahre 1386, sie ist damit die älteste Uhr Englands und die früheste erhalten gebliebene mechanische Uhr der Welt. Sie schlägt zur vollen Stunde, hat aber kein "Gesicht". Ihr um 1320 hinzugefügter Turm ist mit 124m der höchste Kirchturm des Landes. In der Bibliothek befindet sich eine der vier noch existierenden Originalausgaben der Magna Charta. Durch das mittelalterliche St Ann's Gate gelangt man auf den Domplatz. Ein abendlicher Besuch von Stonehenge bildet den Abschluß dieses Tages.

Stonehenge, berühmtestes steinzeitliches Denkmal Europas, besteht aus zwei konzentrischen Kreisen großer, aufrecht stehender Steine, die paarweise durch andere Steine mit Steinzapfen verbunden sind, mit einem großen steinernen Altar in der Mitte. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine 4700 Jahre alte Begräbnisstätte, ein Sonnenheiligtum und ein steinernes Kalendersystem. Es ist nicht geklärt, wie die Menschen der damaligen Zeit diese bis zu 40t schweren Steine, die nur im Südwesten von Wales vorkommen, über 250km transportierten und aufstellten. Unser nächstes Ziel, das Wilton House zählt zu den schönsten Herrensitzen Englands. Das große, schloßartige Gebäude des Earl of Pembroke wurde im 16. Jh erbaut, später aber oft verschönert und vergrößert und birgt berühmte Sammlungen alter Gemälde, Skulpturen und Stilmöbel. Sehr schön sind auch die weiten und gepflegten Rasenanlagen, die u.a. mit Zedern aus dem Libanon bepflanzt sind. Die schöne Renaissancebrücke (Palladian Bridge) stammt aus dem Jahre 1750. In Wimborne fanden wir einen schönen Campingplatz.

Von Poole aus fuhren wir mit einer kleinen Fähre zur Halbinsel Purbeck. Auf unserem weiteren Weg in Richtung Cornwall machten wir Halt in Weymouth, einem sehr beliebten Badeort mit Sandstrand. Im alten Hafen der Stadt ankert noch eine Flotte von etwa 30 Fischkuttern und sorgt dort für ein buntes Panaroma. Unser Zelt schlugen wir in Newton Abbot am Rande des Dartmoor NP auf.

Der Dartmoor NP, geologisch gesehen ein gigantischer Granitblock, über dessen blanke Buckel wilde Pferde traben, ist alles andere als lieblich. Tor nennt man die freigewaschenen Granitgipfel, die meist sehr sonderbar geformt sind. Wir fuhren vom Haytor, über Saddle Tor, wo wir Wildpferde beobachteten, bis nach Postbridge. Hier kreuzt eine Brücke aus schweren Findlingen den Dart River, die noch aus der Bronzezeit stammen soll. Mit einem Blick auf Tavistock verlassen wir den Dartmoor NP und fahren bis nach Falmouth.

Lizard Point ist der südlichste Punkt Großbritaniens, an einer zerklüfteten und eindrucksvollen Küste. Wir konnten hier sogar zwei Haie in einer Bucht beobachten. Auf unserem Weg zum Land's End kamen wir an St Michael's Mount vorbei. Auf einem 80m aus dem Meer ragenden Granitfelsen erhebt sich die 1047 von Edward the Confessor gegründete Benediktinerabtei, die früher der Abtei Mont St Michel in der Normandie unterstand. Auf der Spitze des Felens befindet sich ein mittelalterliches Castle. Nach einem kurzen Halt in dem malerischen und für Cornwall typischen Fischerdorf Mousehole erreichten wir schließlich Land's End, den westlichsten Punkt Englands. Man hat einen schönen Blick über die zerklüftete Küste und die vorgelagerten Inseln und auf die brütenden Seevögel. Leider zeigt der Tourismus sich hier von seiner negativen Seite. In Hayle fanden wir einen Campingplatz in den Dünen direkt an der Küste.

Von Hayle fuhren wir immer an der Küste entlang bis nach Newquay, einem kleinen Ort mit schönen Stränden und einem idyllischen Hafen. Über Watergate Bay ging es weiter bis nach Padstow, einem alten Fischerhafen mit schönen Bauten aus dem 15. und 16. Jh. In Tintagel stehen auf einem 100m hohen Felsvorsprung am Meer die Ruinen einer Normannenburg, wo sich früher eine Keltenburg erhob. Der Überlieferung nach gilt sie als die Burg des Königs Arthur und dessen Geburtsort. Clovelly, einer der malerischten Fischerdörfer Englands, hat sich seinen mittelalterlichen Charme bewahrt. An der steilen Straße stehen uralte kleine Häuser mit bemalten Türen und Balkonen und am Fuße des Ortes befindet sich ein kleiner Hafen. In der Nähe von Barnstaple haben wir dann unser Zelt aufgeschlagen.

Wir fuhren immer weiter an der Küste entlang und machten einen Abstecher durch den Exmoor NP, Englands kleinsten aber landschaftlich abwechslungsreichsten Nationalpark. In Wells sahen wir uns die Kathedrale an, die im 12. und 13. (die Türme im 14. und 15.) Jh erbaut wurde. Ihre Westfront (1239) zählt zu den schönsten Beispielen des Early-English-Stils. Sie ist mit 297 Statuen, davon 152 in Lebensgröße, geschmückt. Im Innern sind die Bogengewölbe, die Säulenkapitelle und die astronomische Uhr (1392) besonders sehenswert. Am Abend sahen wir über unsrem Zeltplatz in der Nähe von Bath noch zwei Heißluftballone aufsteigen.

Bath ist Englands berühmtester Kurort, schon die Römer nutzten drei Jh lang die heilende Wirkung des radioaktiven Thermalwassers. Über die Union Street näherten wir uns dem Stadtzentrum mit den Badeanlagen. Der Pump Room (1706), in dem man noch heute das Mineralwasser probieren kann, liegt über den Resten der Römischen Thermen (Roman Baths, 54). Sie wurden 1882 freigelegt und bilden die bemerkenswerteste Gruppe römischer Überreste in England. Das "Große römische Bad" ist 24m lang, 12m breit und 1,6m tief. Die vor fast 2000 Jahren installierten römischen Wasserleitungen sind heute teilweise noch in gutem Zustand. Im angeschlossenen Museum sieht man viele römische Ausgrabungsstücke. Die Bath Abbey wurde 1499 auf den Resten einer normannischen Kathedrale erbaut. Die Abteikirche ist berühmt wegen ihres prachtvollen Fächergewölbes, das das Dach trägt, beachtenswert sind auch die Glasfenster. Der Abbey gegenüber liegt die Guildhall, das 1775 von Thomas Baldwin erbaute Rathaus. Nur wenige Schritte sind es von hier zur Pulteney Bridge über den Avon. Die von 1769 bis 1774 von Robert Adam im florentinischen Stil erbaute, ehemalige Zollbrücke besitzt - ähnlich wie der Ponte Vecchio in Florenz - überdachte Läden zu beiden Seiten. Der Circus, ein runder Platz, der 1754 von John Wood begonnen und von dessen Sohn vollendet wurde, zählt zu den Musterbeispielen des georgianischen Stils. Der Royal Crescent, der 1767 bis 1775 ebenfalls von John Wood angelegte sichelförmige Platz umschließt im Halbrund eine weite Rasenanlage. In England wird er wegen seines aristokratischen Aussehens als harmonischster und schönster halbmondförmiger Straßenzug Europas bezeichnet. Er besteht aus 30 Häusern, deren 114 große ionische Säulen das durchlaufende Gesims über eine Gesamtlänge von 200m tragen. Von Bath aus fuhren wir auf der Autobahn bis nach Colchester, um ein vorerst letztes Mal auf englischem Boden zu zelten.

Nach einem Bummel durch Colchester fuhren wir nach Harwich, von wo aus uns die MS Hamburg wieder nach Deutschland zurückbrachte. Wir haben uns während der Reise ca. 2700km mit den rücksichtslosen englischen Autofahrern herumgeschlagen.

 
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